Stichwort Baurechtsnovelle oder: Was haben private Bauherren davon?

Die Baurechtsnovelle ist durch: Ausschuss und Bundestag haben schon zugestimmt, der Bundesrat noch nicht. Der VPB hatte bereits in seiner Stellungnahme Mitte 2016 inhaltliche Pflöcke eingerammt. Einiges davon wurde umgesetzt, anderes bedauerlicherweise nicht …

Die Baurechtsnovelle bringt vor allem eines, das sogenannte urbane Gebiet. Der Verband Privater Bauherren begrüßt das ausdrücklich, denn im urbanen Gebiet dürfen in Zukunft Wohnen, Arbeiten und Gewerbe in verträglichem Maß gemischt werden. Bislang war alles säuberlich getrennt. Die neue Art Wohngebiet bringt den Kommunen erheblich mehr Spielraum beim Ausweisen von Bauland. Gerade in Ballungsgebieten, wo Platz Mangelware ist, können so neue Wohngebiete mit dazugehöriger Infrastruktur geplant werden.

Für Bauherren liegen die Vorteile auf der Hand: Es gibt mehr Bauland, der Preisdruck lässt nach. Wer zukünftig in einem urbanen Gebiet wohnt, der hat Kita, Ärzte, Nachversorger, Schuster, Reinigung, Kino und Restaurant in fußläufiger Nähe – und mit ein bisschen Glück auch seinen Arbeitsplatz. Damit können Familien das Auto abschaffen, denn Ihr Alltagsleben lässt sich zu Fuß und per Rad gut bewältigen. Für jeden Einzelnen und für die Allgemeinheit bringt das ein Plus an Wohnqualität, kurze Wege, keine Staus, saubere Luft; das urbane Gebiet ist ein Schritt zu mehr Umwelt- und Klimaschutz bei gleichzeitiger Verbesserung der Wohnungssituation in den Ballungsräumen.
Soweit die guten Nachrichten! Die schlechte Nachricht: Die urbanen Gebiete werden möglicherweise lautere Wohngebiete als die bisherigen. Warum? Parallel zur Baurechtsnovelle überarbeitet die Bundesregierung die TA-Lärm, also der technischen Anweisung zum Lärmschutz. Es ist zwar ein eigenes, unabhängiges Verfahren, aber weil die Baurechtsnovelle und das beschlossene urbane Gebiet nun gerade Gesprächsthemen sind, überlegen die Politiker, ob es ist nicht sinnvoll wäre, den Lärmschutz im Hinblick auf das urbane Gebiet generell zu lockern: Der Grenzwert soll um 3 dB(A) erhöht werden, was eine Verdoppelung der erlaubten Lärmbelastung im Vergleich zu Kern-, Dorf- und Mischgebieten bedeutet.
Natürlich liegt es auf der Hand: ein urbanes Gebiet wird lauter als ein reines Wohngebiet am Stadtrand. Wie laut es aber werden darf, das können die Kommunen selbst über ihre Bebauungspläne regeln. Sie können jederzeit strengeren Schallschutz vorschreiben. Dazu muss nicht der Grenzwert in der TA Lärm gesenkt werden, die ja immer dann greift, wenn es keinen Bebauungsplan gibt. Bebauungspläne und Schallschutzverordnungen bedeuten aber viel Zusatzarbeit für die Städte und Gemeinden und dazu sind sie weder finanziell noch personell ausgestattet. Es reicht also nicht, neue gesetzliche Instrumente zu schaffen, der Gesetzgeber muss den Kommunen auch helfen, sie vernünftig umzusetzen.

Fraglich ist auch der Erfolg einer anderen geplanten Maßnahme, die der VPB ablehnt: Wenn es um Wohnzwecke geht, dürfen Kommunen für Flächen bis zu einem Hektar Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren aufstellen. Dies gilt speziell für den sogenannten Außenbereich, wo Bauen bisher nur in Ausnahmefällen möglich war. Dieses Verfahren ist dann möglich, wenn der Außenbereich an die bestehende Bebauung angrenzt. Das hilft vor allem Gemeinden im Speckgürtel der Ballungsräume, ihre Bebauungsgrenzen einfach auszudehnen. Der VPB sieht das kritisch, weil viele Kommunen diesen einfachen und schnellen Weg zur Erschließung den Vorzug geben werden vor der Nachverdichtung im Ortskern. Nachverdichtung ist mühsam, aber wirtschaftlich sinnvoll und umweltfreundlich. Alles in allem führt die neue Regelung zu mehr Flächenverbrauch. Immerhin ist sie zeitlich begrenzt bis Ende 2019.

Umweltbewusste Kommunen bekommen ein neues Instrument an die Hand: Sie können im unbeplanten Innenbereich, also in bebauten Gebieten ohne gültigen Bebauungsplan, bestehende Gebäude leichter zu Wohnungen umwidmen. Bislang konnten dort nur Gewerbe- und Handwerksbetriebe zu Wohnzwecken umgenutzt werden, nun gilt das für alle baulichen Anlagen. Die Krux: Die umgenutzten Bauten müssen nur städtebaulich vertretbar sein, einfügen in die Nachbarschaft müssen sie sich nicht. Für die ohnehin stark strapazierte Baukultur hierzulande ist das ein Desaster!

Aber auch das haben wieder die Kommunen in der Hand: Sie machen die Bebauungspläne! Und in diesen können sie klare Vorgaben machen für eine nachhaltige Entwicklung, für suffiziente Planung, umweltfreundliche Materialen und hohe gestalterische Qualität.